Südkorea und Japan 2010

Südkorea
Do, 09.09.2010 - Abflug
Alph hatte noch genug Urlaub übrig, um sich den Donnerstag komplett freizunehmen, aber da El Wursto bei seinem hessischen Arbeitgeber generell knapp an Urlaubstagen gesegnet ist, mußte der Tag noch mit Arbeit verbracht werden. Um 16:45 Uhr holten Alph und eine Freundin das Arbeitstier von der Arbeit ab und man fuhr gemeinsam zum Frankfurter Flughafen. Der Flieger hob pünktlich um 19:45 Uhr ab und war verhältnismäßig bequem. Tatsächlich waren alle Adler von Korean Air auf unserer Reise platz- und komforttechnisch die besten, mit denen wir bisher geflogen sind. Im Flugprogramm gab es dieses Mal u.a. A-Team und Prince of Persia.
Fr, 10.09.2010 – We have Won
Am nächsten Tag landeten wir um 13:00 Uhr Ortszeit in Seoul, wo es leider regnete. Dort versorgten wir uns zunächst mit Devisen und etwas Proviant. Mit dem Bus der Linie 6002 fuhren wir eine gute Stunde in den Stadtteil Hongdae mit der Hongik University. Dort angekommen merkten wir schon, daß wir in einem recht belebten Viertel angekommen waren. Daß wir am Ende sogar im Partyviertel der 10.000.000-Metropole gelandet waren, wurde uns erst später bewußt. Von der Bus- und Bahnstation Hongik University aus ging es etwa fünf Minuten über Plätze und Gassen bis zum Grape Garden House, welches in einer Seitengasse gut versteckt lag. Geführt wurde das Hostel von Min, einem lockeren Typen, der uns mit allem an Stadtplänen und Essens-Tipps versorgte, was wir brauchten. Das Hostel selbst war durchaus akzeptabel, auch wenn wir schon bessere Hostels gesehen haben. Da wir nur wenige Tage in Seoul blieben, wollten wir uns so schnell wie möglich um eine Buchung für eine DMZ-Tour kümmern. DMZ (Demilitarised Zone) steht für das Grenzgebiet zwischen Nord- und Südkorea. Grundsätzlich hatte man zwei Optionen, eine Halbtags-Tour und eine Ganztagstour. Min rief für uns bei den Tour-Organisatoren an und konnte so kurzfristig leider nur noch eine Halbtages-Tour für 45.000 Won (30,00 EUR) am Sonntag für uns bekommen, was schade war, da wir sehr gerne das große Programm genommen hätten. So verpaßten wir u. a. das zweigeteilte Gelände mit Konferenzraum Panmunjeom, deren eine Hälfte in Süd- und die andere in Nordkorea liegt, so daß beide Parteien ihr Land für Verhandlungen nicht verlassen müssen. Nachdem dies geklärt war, machten wir uns auf, die Stadt zu erkunden, wobei zunächst einmal Regenschirme erworben werden mußten, da unsere leider nicht mehr so ganz funktionsfähig waren. Aufgrund des schlechten Wetters entschieden wir uns allerding irgendwann, die Erkundung abzubrechen und ein Restaurant aufzusuchen. Wie ein Jahr zuvor in Indien waren wir uns nicht zu schade, dabei gleich in die Vollen zu gehen, und setzten uns in ein Korean Barbecue Restaurant mit dem vielversprechenden Namen „Thank You“. Dies bestand aus runden Tischen
mit Grill in der Mitte, auf den man dann sein Fleisch legen sollte. Da in diesem keiner Englisch sprach, bestellten wir einfach das BBQ und erhielten recht fettiges Fleisch, welches wir umgehend auf den Grill warfen. Natürlich machten wir fast alles falsch und so mußte sogar der Chef kurzfristig zu uns heraneilen, um die Rauchentwicklung an unserem Grill einzudämmen, da das Fett auf die heißen Glühsteine tropfte und den Laden vollnebelte. Für 23.000 Won (15,00 EUR) inklusive einheimischem Cass-Bier war es aber durchaus okay und gleichzeitig die letzte Handlung des Tages.
Sa, 11.09.2010 – Wurst im Pommesrock
Vom Jetlag gezeichnet schliefen wir erst einmal bis um 12:00 Uhr aus und schekelten anschließend zielstrebig zur U-Bahn-Station. Uns zog es zunächst ins Shopping-Viertel Dongdaemun, wo viele Kaufhäuser auf einem Haufen anzutreffen waren. Die meisten Kaufhäuser in Asien sind aber eher keine wie wir sie in Europa haben, sondern bestehen pro Etage aus vielen kleinen Läden von teilweise nur 20 Quadratmetern, so daß man wirklich eine Vielzahl unterschiedlichster Klamotten und Gedöns finden kann. Unser Mittagessen bestand aus Straßen-Fastfood, besonders hervorzuheben hierbei die Wurst im Pommesmantel am Stock. Nach diversen weiteren Kaufhäusern waren wir auch schon gut platt und machten uns auf den Weg nach Suwon, einer 1.000.000-Einwohnerstadt ca. 50 km südlich von Seoul. Die Fahrt dauerte fast 1,5 Stunden plus eine halbstündige Taxifahrt für 10.000 Won (7,00 EUR) zum
Suwon World Cup Stadium der Suwon Blue Wings, die an diesem Abend Heimspiel gegen den Jeju FC hatten. Suwon hat die angeblich lebendigste Fanszene in Südkorea und da es gegen den Tabellenführer ging, waren schon gewisse Hoffnungen da. Zwar liegt Jeju
auf einer Insel im Süden des Landes, dennoch gaben sich unter den knapp 10.000 Zuschauern etwa 50 als Fans der Gäste zu erkennen. Insgesamt war die Stimmung zumindest von der Heimseite her ziemlich gut, dennoch aber kein Vergleich zu dem, was man
von Länderspielauftritten der Südkoreaner von der einen oder anderen WM regelmäßig gewohnt ist. Das Spiel plätscherte unter Flutlicht in eher bescheidener Qualität vor sich hin, aber zum Glück gab es Vollbier in Dosen im Stadion.
Leidglich einige der Jeju-Spieler hatten deutsches Drittliga-Niveau, weshalb der 3:0-Auswärtssieg absolut in Ordnung ging. Im Anschluß hetzten wir mit dem Taxi zurück zum Bahnhof, um den letzten Zug nach Seoul zu bekommen, was wir auch gerade so schafften. Vorher reichte es aber immerhin noch zu einem Broccoli-Zwiebel-Pilze-Burger bei der asiatischen (japanischen) Burgerkette Lotteria bzw. einem Sushi auf die Faust. Im Hostel angekommen wurde um 00:30 Uhr noch kurz das druckfische 2:2 von 96 gegen Leverkusen abgefragt und ansonsten nur noch das Bett gehütet.
So, 12.09.2010 – Unser geliebter Führer
Um 08:00 Uhr wurden wir zur DMZ-Tour abgeholt. Mit uns im Bus waren u.a. eine belgische Familie mit Sohn und südkoreanischer Freundin, eine Amerikanerin, zwei Chinesinnen, zwei deutsche neureiche Muttersöhnchen, die aktuell in Hong Kong studierten, und Carmen, eine Österreicherin, mit der wir uns im Laufe der Fahrt etwas anfreundeten. Da Seoul nur etwa 50 km von der Grenze zu Nordkorea entfernt liegt, brauchte man nicht lange zu fahren, um
die ersten Stacheldrahtzäune und Schießposten entlang des Hangang-Flusses zu erblicken. Nach gut einer Stunde Fahrt erreichten wir Imjingak, eine Art Freizeitpark wenige Hundert Meter vor dem ersten Grenzposten. Hier stehen in der
Tat ein Riesenrad und kleine Fahrgeschäfte, primär wird das Gelände an Wochenenden aber als Veranstaltungsort für Friedensaktivitäten genommen. In unserem Fall fand gerade ein Marathon-Lauf statt, der auf einem Teilstück sogar am ersten Grenzposten vorbei in Richtung
DMZ verlief. Neben dem Veranstaltungsgelände gab es dort auch eine rostige, von den Nordkoreanern zerschossene Lokomotive zu besichtigen sowie die Freedom-Bridge, die theoretisch Nord- und Südkorea miteinander verbindet, wenn nicht die Zäune dazwischen wären, an denen unzählige Bänder mit Wünschen und Sprüchen befestigt waren. Nach leider nur 30 Minuten ging es weiter in Richtung 3rd Infiltration Tunnel, einem
Tunnel, den die Nordkoreaner gegraben haben und der letztlich in Seoul enden sollte. Insgesamt gab es vier Tunnel, die entdeckt wurden, und dies war nun der dritte von ihnen. Wäre das Vorhaben erfolgreich gewesen, hätten 30.000 nordkoreanische Soldaten pro
Stunde durch den Tunnel direkt nach Seoul vordringen können. Bevor man den Tunnel betreten konnte, wurde einem noch ein ca. zehnminütiger Kriegspropaganda-Film gezeigt, der diesen Namen durchaus so verdient hat. In den Tunnel ging es ca. 75 Meter in die Tiefe.
Unten angekommen konnte man gebückt weitere ca. 200 Meter in Richtung Nordkorea gehen. Zumindest waren wir Westler froh, einen Schutzhelm zu tragen, da der Tunnel wirklich nur für asiatische Körpermaße gebaut wurde. Nach dem
beschwerlichen Weg nach oben deckten wir uns im Souvenier-Shop noch eben mit nordkoreanischem Soju (Reisschnaps) und Bier ein. Nordkoreanisch daher, da es eine Art Sonderwirtschaftszone in Nordkorea gibt, in die Waren aus Südkorea geschickt
und dort von Nordkoreanern für einen Hungerlohn verarbeitet werden, um dann zu 100% wieder zurück im Süden zu landen. Weiter ging es in Richtung DMZ, wobei die Amerikanerin im Bus ihrem Volk wieder alle Ehre machte und doch allen Ernstes den
Reiseleiter fragte, ob wir inzwischen schon in Nordkorea seien. Letztlich erreichten wir das Dora-Observatorium, welches mit Ferngläsern ausgestattet war, von denen aus man nach Nordkorea schauen konnte. Dazwischen lag die eigentliche
entmilitarisierte Zone, ein zu beiden Seiten ca. 2 km breiter Grenzstreifen, in dem sich niemand aufhielt. Man konnte auf der anderen Seite sogar mit etwas Phantasie eine Statue des geliebten Führers erblicken, ansonsten sah man nichts außer verfallenen Fabrikgebäuden, in denen das
Volk wahrscheinlich gerade knechtete. Als letzte DMZ-Attraktion fuhren wir zur Dorasan Station, einem ziemlich neuen und genauso ungenutzten Bahnhof, den sogar der ehemalige US-Präsident Bush mit eingeweiht hatte und der einmal Bindeglied zwischen Nord- und Südkorea sein soll, sofern die Grenzen denn jemals wieder offen sein werden. Zum Abschluß der Tour wurde man in Seoul nach typisch türkischer Tradition noch in ein Schmuckgeschäft gelotst bevor Carmen und wir in der Nähe der City Hall
den Bus verließen. Da wir von der Fahrt hungrig waren, suchten wir uns einen Barbecue-Laden und orderten dort zur Abwechslung Ente, welche aber nicht wirklich dem entsprach, was man bei uns darunter verstehen oder beim Chinesen erwarten würde. Auch der
Soju wollte leider irgendwie nicht so ganz munden. Da es noch einigermaßen früh am Nachmittag war und wir alle drei noch keine wirklich traditionelle Sehenswürdigkeit in Seoul gesehen hatten, besuchten wir den Gyeongbokgung Palast im Norden der Metropole.
Dieser liegt am Ende einer großen Prachtstraße und hat ein schönes Bergpanorama im Hintergrund zu bieten. Zudem ist er als Ort der Ruhe sehr zu empfehlen, hinzu kommt natürlich, daß die weitläufige Anlage schön angelegt ist und hübsche Gebäude sein Eigen
nennt. Hervorzuheben war ein mit Holland-Trikot herumspazierender Südkoreaner, der uns zehn Minuten lang alle auswendig gelernten Klischees aufzählte, die er an Deutschland bzw. Europa liebt („I like Beethoven, Bach, New Schwanstein and especially I like Vienna,
Paris, Rome but especially I like Berlin, Sans Soucis and especially…“). Nachdem wir zur Sperrstunde aus dem Gelände hinauskomplimentiert wurden, fuhren wir weiterhin zu dritt zum N Seoul Tower, welcher zunächst die Bewältigung eines
Anstiegs durch eine Wohngegend und eine Gondelfahrt voraussetzte. Oben angekommen trafen wir blöderweise den „Holländer“ wieder, den wir dieses Mal allerdings etwas schneller abwimmeln konnten. Von oben hatte man
natürlich einen super 360-Grad-Blick über die Stadt bei Nacht, was dann auch die letzte Attraktion des Tages für uns gewesen sein sollte. Da es den ganzen Tag schon so gut wie nicht geregnet hatte, traten wir den Weg zu Fuß den Berg hinab an und beschlossen, in unserem Stadtteil, in dem auch Carmen wohnte, noch ein paar Bierchen zum Abschluß zu nehmen, wobei uns der Weg u.a. in ein Hello Kitty Cafe führte. Leider mußte Carmen am nächsten Tag auch schon weiter nach Busan, um dort eine Freundin zu besuchen, von daher trennten sich unsere Wege am späten Abend von da an auch schon wieder.
Mo, 13.09.2010 - Zeitreise
Nach dem langen Tag zuvor schliefen wir erneut bis um 12:00 Uhr aus. Unser Frühstück nahmen wir am Straßenstand in der Nähe der Bahnstation ein, es gab Tteokbokki, eine Art Schupfnudeln aus Reis mit scharfer Chili-Soße. Von dort aus ging es zielstrebig ins Korea House & Nam-san-gol Hanok Folk Village, einem zweigeteilten
Park. Zum einen gab es dort eine „Millenium Zeitkapsel“, die am 29. Dezember 1994 in der Erde versenkt wurde. Anläßlich des 600-jährigen Bestehens der Stadt wurden 600 Gegenstände des täglichen Lebens (Fernsehzeitungen, Bier, Handys, Werkzeuge,
Fußbälle, Videorekorder, Fertiggerichte, Hochzeitsvideos, Bauarbeiterkleidung, Kinderspielzeuge, Bibeln, CDs etc.) in der Kapsel deponiert, welche in 400 Jahren zum 1.000-jährigen Bestehen, also am 29. Dezember 2394,
wieder herausgeholt werden soll. Ziemlich coole Idee eigentlich, wollen wir hoffen, daß es Seoul dann noch gibt und der Klassenfeind die Kapsel nicht vorher gierig geplündert hat. Der andere Teil der Anlage war ein historisches Dorf oder zumindest ein Nachbau davon,
wo man mal sehen konnte, wie der gediegene Südkoreaner damals so residiert hat. An sich eine sehr hübsche Anlage, schade nur, daß man die Räume natürlich nicht betreten durfte. Anschließend suchten wir uns eine Post, wo wir uns Briefmarken
für unsere Postkarten besorgten, um danach am Hangang spazieren zu gehen, der innerstädtisch einst eine Müllhalde war, inzwischen fürs Volk aber begradigt und einigermaßen wieder hergerichtet wurde. Die letzte Handlung unseres Aufenthaltes in Korea sollte
noch die Einnahme eines echten, südkoreanischen Bulgogis sein, also im Prinzip auch einem Korean Barbecue, allerdings mit vielen Beilagen und Gemüse. Hierzu kehrten wir in der Nähe unserer Behausung bei Bulgogi Brothers ein, einem durchaus nobleren Restaurant, in dem wir für 45.000 Won (30,00 EUR) gut speisten und dabei noch nicht einmal selbst den Grill bedienen mußten, sondern alles von der Bedienung an unserem Tisch gebraten bekamen. Zurück im Hostel wurden noch die letzten Postkarten fertiggeschrieben und ein letztes Bier konsumiert, bevor es mal wieder ab ins Land der Träume ging.
Japan
Di, 14.09.2010 – Lost in Translation
Um 08:00 Uhr morgens fuhren wir mit dem 6002er Bus zurück zum Flughafen. Nach einem Frühstücksabstecher zur Lotteria betraten wir pünktlich den Flieger. Da unsere Plätze dieses Mal versetzt hintereinander waren, nutzen wir beide die Gelegenheit zu einem kleinen Mittagsschlaf im Flieger, bevor wir zwei Stunden später auch schon in Tokyo landeten. Bei der Einreise wartete dann leider die negative Überraschung auf uns, da wir abfotografiert wurden und unsere Fingerabdrücke abzugeben hatten. Allerdings waren die Japaner selbst dabei unfaßbar freundlich und gaben uns auch auf Nachfrage ohne Probleme den korrekte Stempel für unseren Japan Railpass in unseren Reisepaß. Den Japan Railpass bzw. den Voucher hierfür hatten wir uns zuvor für 45.100 Yen (400,00 EUR) pro Nase in Deutschland geholt. Er berechtigt Ausländer mit Touristen-Visum zu Benutzung aller staatlichen Züge inkl. dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen (bis auf wenige Ausnahmen) in einem bestimmten Zeitraum, in unserem Falle für zwei Wochen. Bedingung ist, daß man den Voucher dafür schon im Ausland gekauft hat und einen Touristen-Stempel bei der Einreise in den Paß bekommt, als Geschäftsmann oder Student funktioniert das ganze nämlich nicht. Mit beidem geht dann man dann irgendwann zur japanischen Bahngesellschaft und tauscht den Voucher in die Fahrkarte um. Zwar sind 400,00 EUR nicht wenig Geld, aber Bahnfahren in Japan ist nun mal teuer und wenn wir alle Fahrten wie letztlich angetreten einzeln bezahlt hätten, wären wir bei 850,00 EUR pro Nase gelandet. Außerdem sind die sonst kostenpflichtigen Platzreservierungen mit dem JRP gratis, weshalb wir ab und an auch mal mehrere Züge auf Verdacht buchten, wenn wir noch nicht genau wußten, welchen wir letztlich nehmen würden. Nachdem wir unser Gepäck hatten, fuhren wir mit dem Limited Expreß für 1.000 Yen (9,00 EUR) ins Zentrum Tokyos. Unsere zentrale Anlaufstelle für die nächsten Tage sollte der Bahnhof von Ueno im gleichnamigen Stadtteil werden, da wir wie immer unsere Hotels vorab online gebucht hatten und unseres etwa zehn Minuten zu Fuß oder eine U-Bahn-Haltestelle von jenem Bahnhof entfernt lag. Das Hotel war das Oak Hotel, welches uns ein kleines Zimmer für (japanische Verhältnisse) wenig Geld bereitstellte. Unter 80,00 EUR pro Nacht bekommt man in Tokyo eigentlich generell kein Doppelzimmer, von daher war der Preis von eben diesen 80,00 EUR pro Nacht ohne Frühstück okay. In ca. 10 Quadratmeter des vierten Stocks paßten immerhin ein Bett, ein kleiner Tisch, ein Hocker sowie eine Plastik-Dusch- und Klokabine à la Etap Hotel. Auch wenn es schon langsam dunkel wurde begaben wir uns zurück in Richtung Bahnhof, um dort noch eine Kleinigkeit essen zu gehen. Wir fanden auf Anhieb neben vielen teuren Restaurants eine der wenigen „Suppenküchen“, die Suppen und simple Reisgerichte auch mal für 5,00 EUR im Angebot haben. Da eigentlich alles in Japan teuer ist beschränken wir uns zukünftig darauf nur noch zu erwähnen, wenn etwas besonders günstig war, bei allem anderen dürfen getrost höhere Preise als
in Deutschland angenommen werden. Ein Döner beim Dönermann beispielsweise kostet, wenn man ihn denn überhaupt findet: 7,00 EUR und ein Lahmacun oder ein Dönerteller ca. 15,00 EUR, das nur mal zum Vergleich. Ansonsten ist die Nahrungsaufnahme
trotz fremder Sprache und Symbole in Japan recht einfach, da die Speisen bereits nach außen hin sichtbar als Plastiknachbildungen in den Schaufenstern der Restaurants zu besichtigen sind. What you see is what you get. Abgesehen davon war das Essen
in Japan eigentlich ausnahmslos lecker, von der simplen Miso-Suppe über die Schale Reis mit Gemüse oder Sushi. Gegenüber von besagtem Laden besuchten wir anschließend einen Krimskrams-Shop, um uns gleich die volle Dröhnung Japan zu geben. Spielkarten, Spielfiguren, Masken, Kostüme, Videospiele, sonstiger Mist… alle Vorurteile über Japan wurden in einem einzelnen Laden bestätigt. Es ist pink, glitzert und macht Geräusche,
der Japaner liebt es. Zu guter Letzt schekelten wir noch ein Stündchen über den Straßenmarkt Uenos (Ameyoko) und waren natürlich auch hier vollkommen baff über die tatsächlich große Vielzahl an Daddel- und Glücksspielhallen (Pachinko), die 24 Stunden am Tag bis auf die Straße hinaus einen unglaublichen Lärm aus diversen Daddelmusiken und klappernden Kügelchen verbreiteten.
Mi, 15.09.2010 – Sumo
Trotz des anstrengenden Vortages standen wir erneut um 08:00 Uhr auf, da wir unbedingt an einer Sumo-Veranstaltung teilnehmen wollten. Im Jahr finden insgesamt sechs 15-tägige Turniere statt, drei davon in Tokyo und eins davon ausgerechnet zu unserer Ankunft. Daß die Tickets schwer zu bekommen bzw. teuer sind dürfte entsprechend klar sein, allerdings gibt es für Touristen
eine Art Holzklassen-Karte für die letzte Reihe 14 des Oberrangs à 2.100 Yen (18,00 EUR), die nur am Turniertag selbst verkauft werden. Diese galt es direkt am Sumo-Stadion Kokugikan im traditionellen Stadtviertel Ryogoku zu erwerben, was uns auch
gelang. Die Halle ist in Ober- und Unterrang unterteilt, wobei die besten Plätze direkt am Ring, auch wenn hier die Gefahr groß ist, daß einem ein Koloss mal in den Schoß fällt. Der Oberrang ist mit normalen Sitzplätzen ausgestattet, im Unterrang zieht man
sich die Schuhe aus und nimmt dann auf einem Kissen Platz. Im Eingangsbereich ist zudem ein kleines Sumo-Museum (Sumo Hakubutsukan) eingegliedert, welches auch an Nicht-Turniertagen besichtigt werden kann. Ein Turniertag fängt früh morgens mit den Amateurkämpfen an und findet sein Highlight in den Profikämpfen ab 16:00 Uhr. Wir schauten uns im Rahmen
der Amateurkämpfe ein wenig in der fast leeren Halle um und versorgten uns mit Informationsmaterial. Da wir uns nicht den ganzen Tag lang in der Halle aufhalten wollten, verließen wir diese zunächst wieder und fuhren zum Senso-ji Tempel aus dem 7. Jahrhundert
(im zweiten Weltkrieg zerstört und 1957 neu errichtet) im Nebenstadtteil Asakusa. Von der Bahnstation aus muß man sich zunächst durch den Ramschmarkt zwischen zwei riesigen roten Lampions hindurch kämpfen, bis man zum
eigentlichen Tempelgelände gelangt. Hier kann man, wie in allen Tempeln (Buddhismus) oder Schreinen (Shintoismus) allerhand Gebets-Nippes kaufen oder sich die Zukunft voraussagen bzw. erwürfeln lassen. Für einen ersten Tempel-Eindruck ganz okay, aber extrem überlaufen. Um 15:30 Uhr kamen wir zurück zur Sumo-Halle und liehen uns dort eine Art Radio mit Kopfhörern aus, mit dem man die Frequenz eines englisch-sprachigen Senders empfangen konnte, der die Kämpfe live kommentierte. Die Verpflegung reichte von Bier bis hin zu Sake (Schnaps), wobei wir uns aufgrund mangelnder Japanisch-Kenntnisse bei der einen oder anderen vermeintlichen Biermarke auch mal vertan und stattdessen eine Dose Sake in der Hand hatten.
Kurz vor Beginn des ersten Profikampfes wurden die Protagonisten von einem Ringrichter unter Hilfe eines Klangholzes namentlich aufgerufen und in den Ring gebeten, woraufhin alle ein paar traditionelle Bewegungen machten und wieder zurück in die Kabinen
gingen. Die Halle hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt zu ca. 50% gefüllt, was daran lag, daß es sich um die erste der beiden Kampfwochen und um einen frühen Wochentag handelte, in der zweiten Woche und am Wochenende hätten wir sicherlich keine Karten mehr
bekommen. Die nächsten zwei Stunden waren absolut großartig, eine eigenartige Atmosphäre aus traditioneller Zurückhaltung, Respekt und Zwischenrufen erfüllte die Halle, zwei der Kämpfer hatten sogar so etwas wie einen Fanclub mitgebracht. Ein sensationelles Erlebnis, das jeder Japan-Reisende unbedingt in seiner Reiseplanung mit einkalkulieren sollte. Da das Turnier bereits um 18:00 Uhr beendet war, fuhren wir einmal quer durch die Stadt nach Shibuya, einem der bekanntesten Einkaufsvierteln der Stadt. Hier gibt es neben unzähligen großen und kleinen Läden einen Adidas Originals Store und das Shibuya 109 zu besichtigen, einen zehnstöckigen Shopping-Komplex ausschließlich für die bekannte japanische Jugend-Mode. Hiervor befindet sich auch die berühmteste Alle-Gehen-Kreuzung der Welt, die während einer Ampelphase bis zu 15.000 Menschen durchschleust und gerne von oben in Film und Fernsehen gezeigt wird. Aber auch dieser großartige und ereignisreiche Tag näherte sich unweigerlich seinem Ende.
Do, 16.09.2010 – Sunshine in the rain
Das Wetter zweigte sich leider auch immer noch nicht von seiner schönsten Seite, weshalb wir am nächsten Tag in die sogenannte Sunshine City in Ikebukuro fuhren, eine „Stadt in der Stadt“. Das 240 Meter hohe Gebäude beherbergt neben dem eigentlichen Shopping-Areal und Büros alles, was man benötigt, inklusive Aquarium, Theatersaal und Museum für orientalische Kunst. Wir interessierten uns am meisten für die Ice Cream City, die im Vergnügungspark Namco Namjatown der 2. Und 3. Etage lag. Im Laufe des Tages probierten wir uns so durch die
über 100 Eissorten, darunter standen u.a. Qualle, Ochsenzunge, Haifischflosse, Aal, Salz, Kartoffel mit Butter, Kaviar, Sake oder Knoblauch zur Auswahl. Der feine Herr entschied sich bereits vor dem Mittagessen für die Sorten Bier sowie
Gebratene Nudeln mit Spiegelei, die feine Dame probierte es mit Ei sowie Chicken Wings. Ein Hochgenuß war das alles nicht, aber wo bekommt man solche Kuriositäten sonst schon mal zu probieren. Anschließend besuchten wir u.a. den Amlux Toyota Showroom , in dem auf
vier Etagen alte und neue Toyota- sowie Lexus- und Crown-Modelle ausgestellt waren. Hier kamen wir auch erstmals mit er japanischen Stempel-Kultur in Kontakt, denn die Japaner fotografieren nicht nur alles zum Beweis ihrer Anwesenheit, sondern lassen
sich auch Stempel geben. So sammelte Alph fortan alle drei im Toyota Showroom erwerbbaren Stempel und durfte somit an der Lotterie im Untergeschoß teilnehmen, wo sie mit einer Zimmerpflanze auch gleich einen der Hauptgewinne absahnte. Aufgrund mangelnder
Verwendungs- und Transportmöglichkeiten entschieden wir uns stattdessen für eine kleinere Pflanze, die wir letztlich unserer Reinemachefrau im Hotel schenkten. Zum Abschluß kehrten wir noch einmal in Ice Cream City zu Indian
Curry sowie Red Pepper ein, ein viertes Eis wollte dann aber beim besten Willen nicht mehr rein. Schade eigentlich, hätte man doch zu gerne gewußt, wie Holzkohle-Eis schmeckt. Mit fliederfarbenen Schweine-Kopfhörern im Gepäck ging es ab nach Hause, wo wir uns von japanischen Fernsehshows einnebeln ließen, die zu unserer Enttäuschung leider allesamt nicht das Spaß-Niveau von Takeshi‘s Castle besaßen.
Fr, 17.09.2010 – Tokyo Hotel
Am Freitag war es endlich soweit, die Sonne zeigte sich und sorgte auch gleich für 30 Grad Celsius. Das Frühstück nahmen wir bei MOS Burger bei unserem Hotel ein, einer japanischen Burger-Kette, die auch gerne mal Schrimps oder Geschnetzeltes zwischen zwei Reis-Patties als Brötchenersatz packt. Gut gestärkt
fuhren wir zum Tokyoter Rathaus in Shinjuku, welches mit 243 Metern zugleich das höchste der Welt ist. Der 45. Stock lädt einen zum kostenlosen Blick über die gesamte Stadt sowie an klaren Tagen sogar auf den Fuji ein. Anschließend schekelten wir bei den erwähnten
30 Grad Celsius durch den Shinjuku Gyoen National Park, der leider enttäuschte, da viele Bereiche trotz der 300 Yen Eintritt (2,50 EUR) gar nicht zugänglich waren. Parks sollte man ohnehin im Frühjahr bzw. während der Kirschblüte besuchen, da nach den heißen Tokyoter
Sommern meistens nicht mehr viele Blumen blühen. Immerhin sorgte der Aufenthalt im Park für etwas Entspannung für die bereits geschundenen Fußsohlen. Am Nachmittag fuhren wir in Shinjukus Kabukicho-Viertel, dem Szene- und Rotlichtviertel
Tokyos. Nachdem wir uns mit einer leckeren Miso-Suppe gestärkt hatten, warfen wir uns ins Getümmel. Vorbei an Tittenbars, Daddelbuden und Kinos landeten wir am Ende im Humax-Gebäudekomplex, der neben Kinos, zwei Bowlingbahnen, einer zwielichtigen
Massage-Abteilung im Keller, Daddelautomaten, einer Virtual Golf-Etage und Restaurants auch eine Etage mit über 100 Karaoke-Boxen besaß. Etwas weiter davon entfernt wurde es auf einmal ruhiger, dafür gab es auch weniger Leuchtreklamen und stattdessen Hotels, in deren Nähe
Hunderte Typen wie Tokyo Hotel rumliefen. Es hat eine Weile gedauert bis wir kapiert hatten, wohin wir gerade geraten waren, aber wie fast überall in Japan konnte man sich selbst hier vollkommen sicher fühlen. Zudem bekam der Begriff Tokyo Hotel für uns somit eine völlig
neue Bedeutung. Wir nahmen noch einen kleinen Mitternachtssnack in Form einer Art Crepe zu uns, den wir einmal klassisch mit Schokoeis und Bananen bestellten sowie einmal mit Erdbeeren, Sahne und Grüner-Tee-Eis. Den Rückweg traten wir über den Tokyoter Hauptbahnhof Tokyo Station an, welcher von außen ganz hübsch anzusehen war und tagsüber eine Art unterirdische Shopping Mall zu bieten hat, die aber bereits geschlossen war. Zurück im Hotel fanden wir dann einen Zettel der philippinischen Reinemachefrau vor, auf dem sie sich für die kleine Topf-Rose mit den Worten „Thank you for the flower, I’m very happy coz Roses is forever. Love it! Housekeeping Eva“ bedankte.
Sa, 18.09.2010 – Volker-san
Bei erneut sehr heißen Temperaturen besichtigten wir zunächst den Koishikawa Korakuen Park in Koraku, einem sehr schönen traditionell japanischen Park, der direkt neben einem Freizeitpark und dem Tokyo Dome liegt. Im Anschluß daran fuhren wir in die sogenannte Electric Town von Akihabara, einem Stadtteil
voller Elektroläden um den gleichnamigen Bahnhof herum. Gegen Mittag trennten sich unsere Wege, da Fußball auf dem Programm stand und Mademe dieses Mal nicht mitkommen wollte, alleine schon, weil das Spiel etwas nördlich
von Tokyo in der Millionenstadt Saitama stattfand. Stattdessen schekelte Alph noch etwas durch Akihabara und wurde dabei u.a. von einem Indonesier mit „Haste mal ne Kippe“ angesprochen. In der Yaesu Shopping Mall nutzte sie zudem erstmals die Gelegenheit, ein japanisches Sushi zu probieren, welches durch das Wasabi etwas scharf geriet, aber doch sehr lecker schmeckte. In Ikebukuro wurde zudem die Cold Stone Creamery getestet, ein Abklatsch der großartigen Cold Rock Creamery aus Australien. Währenddessen verschlug es den feinen Herren nach einer einstündigen Bahnfahrt sowie 30 weiteren Minuten sonnigen
Fußmarsches ins Saitama World Cup Stadium, der Heimat der Urawa Red Diamonds, die an diesem 23. Spieltag gegen den Tabellenführer Shimizu S-Puls antraten. Das bietet 63.000 Zuschauern Platz und war mit 39.000 Besuchern ganz gut besucht, darunter
etwa 4.000 Gäste aus Shimizu, welches etwa 120 km von Tokyo weg am Fuße des Fuji liegt. Leider durfte man kein Bier mit ins Stadion nehmen, weshalb noch eben das eine oder andere auf dem Stadionvorplatz verköstigt wurde, auf dem mehrere Tische
und Stühle bereitstanden. Als Aufwärm-Musik gab es u.a. Fire von Scooter sowie House of Love von East 17, alleine das war schon den Besuch wert. Kurz vor Beginn rückten alle auf der Hintertortribüne im Zentrum der Urawa-Kurve ganz eng zusammen und fingen mit
ihrem Support an, der nicht nur zu diesem Zeitpunkt, sondern auch während des gesamten Spiels teilweise zehn Minuten am Stück laut und durchgehend war und von den mindestens 10.000 Teilnehmern oftmals von Hüpferei begleitet war. Zudem wurde
zu Beginn mit an die 200 im gesamten Stadion verteilten Schwenkfahnen gefuchtelt. Die Gästefans aus Shimizu hatten dem allerdings auch einiges entgegenzusetzen, brachten Sie es auf ebenso kontinuerlichen und lauten Support und ca. 40 Fahnen sowie durch
den Block gezogene Bänder. Entsprechend war die Stimmung erstklassig, lediglich die wenigen teilweise bis zu einer Minute lange dauernden Pausen, in denen keine der Gruppen sang und 100%ige Still herrschte, waren etwas unwirklich. Da merkt
man halt, daß in Asien die Stimmung nicht emotional erzeugt wird, sondern nach System. Auch nach dem Spiel, welches gerechterweise 1:1 endete, packten alle direkt nach Schlußpfiff ihre Sachen ein, die Mannschaft verbeugte sich noch geräuschlos vor den
Tribünen, und alle gingen nach Hause, ohne weitere Anfeuerungsrufe. Insgesamt aber eine klasse Veranstaltung, auch wenn man im ganzen Stadion keinen einzigen Volker Finke-Fanartikel fand, hätte man seine Autogrammkarte doch gerne als Postkarte in die Heimat versandt. Auf dem Rückweg zur S-Bahn kam der Herr noch ins Gespräch mit einem Japaner und seinem Sohn, woraufhin dieser einen noch auf ein Bier auf die Faust einlud und über Fußball philosophierte.
So, 19.09.2010 – Templer und Schreiner
Wir checkten im Oak Hotel aus und machten uns auf den Weg zum Bahnhof Ueno. Dort tauschten wir dann endlich unseren Railpass Voucher gegen das eigentliche Freifahrt-Ticket und reservierten unsere Plätze für die Fahrt nach Nikko. Wir nahmen einen Shinkansen, das Pendant zum deutschen ICE. Diese sind um einiges bequemer als die deutschen ICEs, bieten mehr Platz und sind ruhiger. Selbst die Schaffner ehren die Fahrgäste bei Ein- und Austritt aus dem Abteil mit einer Verbeugung, sollten die in Deutschland
auch mal einführen. Die Shinkansen sind zudem immer auf die Minute pünktlich, was auch dadurch ermöglicht wird, daß die Hochgeschwindigkeitszüge ausschließlich auf eigenen Gleisen verkehren und sich daher nicht von Regionalbahnen und Güterzügen ausbremsen
lassen müssen. In Nikko, einem kleinen in den Bergen gelegenen Ort 150 km nordöstlich von Tokyo, den man getrost als das Bad Harzburg Japans bezeichnen kann, checkten wir auch gleich im Nikko Guesthouse Sumika ein, einem sogenannten Ryokan, also einem Hotel /
Hostel nach traditionell japanischer Art, bei dem man auf dem Tatami-Boden bzw. auf Matten schläft. Sofern man einen kleinen Tisch im Raum stehen hat, wird dieser abends an den Rand des Raums geräumt und so Platz für die Matten und Decken geschaffen, auf denen
man schläft. Wir hielten uns allerdings nicht lange hier auf, da wir eigentlich wegen der Rino-ji Tempelanlage (Weltkulturerbe) gekommen waren, einer Tempel- und Schrein-Anlage im Wald, die einen inzwischen ungewohnten Kontrast zu Tokyo und Seoul
darstellte. Auf dem Weg dorthin kam man an einer hübschen roten Brücke vorbei, bevor man die Tempelanlage betrat. Für die fünf Hauptschreine und –tempel wurde ein Eintrittsgeld von etwa 20,00 EUR fällig, die ihr Geld aber durchaus wert waren, alleine schon
wegen der überdimensionalen Eintrittskarten. Zunächst stapften wir die steilen Treppen zum Hauptschrein hinauf, den Toshogu-Schrein, welcher ziemlich imposant daher kam, reich verziert war und unter anderem auch die Holzschnitzerei
der drei Affen beinhaltete, auf der das bekannte Sprichwort basiert. Insgesamt war alles zwar durchaus voll und wuselig, aber immer noch erträglich und nicht zu vergleichen mit dem Senso-ji-Tempel in Tokyo. Von da aus ging es weiter zu den anderen Tempeln und
Schreinen, in denen leider nur selten fotografiert werden durfte, verständlicherweise. Zu sehen gab es dabei viele Verzierungen, übergroße Statuen sowie einen unscheinbaren Raum mit blauem Drachen an der Decke, der an bestimmten
Stellen ein unerwartetes Echo erzeugte. Ansonsten war noch der Taiyuinbyo Tempel erwähnenswert, welcher auf einem steilen Hügel lag und von hohen Bäumen umschlossen mit seinen Türmen über der Szenerie wirkte. Von der
mehrstündigen Expedition hungrig geworden zogen wir auf dem Rückweg zum Hostel eher zufällig im Hippari Dako ein, einem kleinen Restaurant mit fünf Stühlen und lauter Geldscheinen, Visitenkarten und Zeichnungen von Travellern aus aller Welt an der Wand. Hier probierten
wir die traditionellen Yakitori-Spieße, welche wunderbar mundeten. Alph wanderte im Anschluß umgehend ins Bett bzw. auf den Boden, El Wursto versuchte sein Glück, eine internationale Telefonzelle im Ort zu finden, scheiterte aber trotz intensiver Suche kläglich und kehrte anschließend ebenfalls wieder ins Ryokan zurück.
Mo, 20.09.2010 – Fuji – Seeing is Believing
Am nächsten Morgen erwachten wir leicht gerädert, bot der ungewohnte Untergrund wie befürchtet leider nicht den Komfort, den man sonst nachts zu genießen pflegt. Entschädigt wurde man dafür wie bereits am Vortag durch die beiden freundlichen Gastgeber, die Gastfreundschaft definitiv noch großschreiben. Nach einem kleinen Frühstück und einem kurzen Abstecher ins Internet (es regnete wieder) nahmen wir um 11:00 Uhr den Zug zurück in Richtung Tokyo. Hier stiegen wir jedoch nur um und nahmen von dort aus den insgesamt fünfstündigen Weg weiter gen Westen auf zum weltberühmten Fuji-san. Wir entschieden uns dabei für den Ort Kawaguchiko, der uns im Vorfeld mehr überzeugte als der haupttouristische Ort Hakone am anderen Ende des Berges. Die letzten paar Kilometer mußten wir mit einer Privatbahn separat bezahlen, allerdings durfte man dafür auch mit dem Fuji Tozandensha, einer Art Design-Zug fahren, in dem einem die bezaubernde Saftschubse Stempel gab und Bilder des
Fuji-san anbot. Am Bahnhof von Kawaguchiko erwartete uns bereits der Shuttle Service, um uns in K’s Guesthouse zu bringen, welches ein größeres Hostel war. Auch hier hatten wir erneut ein Ryokan gebucht, allerdings mit etwas mehr Platz als in Nikko und
eigenem Bad sowie einem Tisch und schönem Ausblick auf die umliegenden Berge. Da der Tag auch fast schon zu Ende war, liefen wir nur noch etwas durchs Stadtzentrum, welches ein wenig an eine amerikanische Kleinstadt erinnerte. Wir kehrten aufgrund eines Tipps
im Restaurant Kosaku ein, welches auch ein absoluter Volltreffer war. Alleine die Einrichtung ließ sich sehen, auch wenn die Fassade von außen den Eindruck der amerikanischen Kleinstadt mit dem Wasser-Schaufelrad und dem riesigen Parkplatz
vorerst verstärkte. Die Gegend um Kawaguchiko ist berühmt für seine Hoto-Suppe, einer Art Miso-Suppe mit extra dicken Nudeln und Kürbis-Stücken. Die Hoto-Suppe wurde einmal als normal und einmal mit Rindfleisch als scharfe Variante bestellt, beides sollte sich trotz des hohen Preises zu 100% gelohnt haben. Auf dem Weg nach Hause stapften wir noch durch einen Supermarkt und deckten uns dort mit Bieren und ekelhaften Dosen-Cocktails ein, die für deutsche Geschmacksnerven wie immer viel zu süß waren, um sie ernsthaft trinken zu können.
Di, 21.9.2010 - Wo sich Hase und Waschbär „Gute Nacht“ sagen
Ein Sprichwort sagt, wer den Fuji einmal besteigt, sei weise, wer ihn hingegen zweimal besteigt, sei ein Idiot. Theoretisch hätte man den Fuji von der Jahreszeit her gerade noch so besteigen können, allerdings hätte man dies über Nacht tun müssen, um den Sonnenaufgang von der Spitze aus beobachten zu können. Dafür hätte man aber die Nacht hindurch wandern und anschließend ja auch wieder hinabsteigen müssen, entsprechend entschieden wir uns auch aufgrund mangelnder Wanderkleidung gegen das Vorhaben. Stattdessen weckte uns die Morgensonne schon früh aus dem dieses Mal besseren Schlaf, welcher den doppelten Matratzen geschuldet sein dürfte. Auf der Hauptstraße nahmen wir in einer Art American Diner zur Abwechslung mal ein westliches Frühstück zu uns bevor wir uns auf den Weg in Richtung Lake Kawaguchiko machten, von wo aus wir den Fuji auch endlich mal zu sehen bekommen sollten. Auch hier fühlte man sich bei 30 Grad Celsius eher wie am Lago Maggiore als in Japan, was in diesem Fall mit dem sich im Wasser
spiegelnden Fuji-san aber eher positiv gemeint war. Der See wurde von einer Brücke in einen großen und einen kleinen Teil getrennt, wobei wir den kleinen recht mühelos einmal komplett umrundeten und zwischendrin mit einer Seilbahn auf den Mount Tenjo
hochfuhren. Hier spielte sich wohl einst eine Fabel zwischen Hase und Waschbär ab, in der der Waschbär einem Bauern das Getreide geklaut hat und sich der Hase dafür am Waschbären rächt, was überall auf dem Berg thematisiert und teilweise in grotesken
Plastikfiguren dargestellt wurde. Dafür hatte man von hier aus natürlich einen extrem schönen Blick auf den Mount Fuji, auch wenn dieser aufgrund des Spätsommers aktuell sein weißes Schneehütchen nicht aufhatte. Wieder am Bahnhof angekommen fuhren wir mit
einem Linienbus einmal um den gesamten See und von dort aus weiter zum benachbarten Lake Saiko. Eigentlich wollten wir dort auf den Gipfel des Kenashiyama klettern, allerdings brachen wir das Experiment aufgrund von Sinnlosigkeit
recht schnell wieder ab. Stattdessen planten wir spontan um und liefen die vermeintlich kurze Strecke am Lake Saiko entlang bis nach Saikonishi. Leider mußten wir feststellen, daß der Plan nicht ganz Maßstabsgetreu gezeichnet wurde und uns so eine fast zweistündige
Odyssee unter praller Mittagssonne bescherte. In Saikonishi erwartete uns das Saiko Iyashi no sato Nenba, eine Art historisches Dorf, in dem traditionelle Reetdach-Häuser und taditionelles Handwerk besichtigt werden konnten. Nachdem wir die Rückreise mit dem Bus antraten, gönnten wir uns eine Dusche und kehrten kurz noch einmal im Diner-Laden zum Abendessen ein, bevor es mit dem geholten Sonnenbrand ins Bett ging.
Mi, 22.09.2010 - Kyoto-Protokoll Teil 1
Mit dem kostenlosen Shuttle ging es früh um 08:00 Uhr zum Bahnhof, von wo aus wir erneut eine fünfstündige Reise weiter in Richtung Westen antraten. Unser Ziel Kyoto erreichten wir um 14:30 Uhr, wobei es glücklicherweise nicht ganz so heiß und eher bedeckt war. Kyoto gilt als das kulturelle Zentrum Japans, mehr noch als Tokyo, vor allem weil hier extrem viele Tempel, Schreine und Pagoden stehen, die teilweise weit über 1.000 Jahre alt sind. Wir schekelten zielstrebig zum Capsule Ryokan Hotel, welches dem Namen entsprechend ausschließlich Ryokans oder Kapselbetten anbietet. Kapselbetten bedeutet, daß man wie im Hostel ein Etagenbett hat, dieses aber rundherum abschließbar ist und sogar teilweise einen Fernseher beinhaltet. Für
diese beengende Variante hatten wir uns allerdings nicht entschieden, stattdessen hatten wir erneut ein Ryokan angemietet. Besonders hervorzuheben dabei ist neben dem Flachbildschirm und dem japanischen Superfunktionsklo die Tatsache, daß
der Schlafbereich erhöht lag und man so die Möglichkeit hatte, seiner Koffer darunter zu deponieren. Desweiteren stand die Dusche mit im Raum, hatte dafür aber bunte Lichter und drei verschiedene Düsen zu bieten sowie ein integriertes Radio
mit Telefon. Diese Feinheiten sollten wir aber erst später begutachten können, da wir das Zimmer erst ab 16:00 Uhr beziehen konnten. Da wir aber keine Zeit verschenken wollten, zogen wir ohne Koffer gleich wieder los und stürzten uns in Kyotos Busverkehr,
der hier gegenüber der eher mäßig ausgebauten U-Bahn dominiert. Unsere Anlaufstelle war der Kinkaku-ji oder auch Goldener Tempel im Nordwesten der Stadt, welcher in einer Parkanlage am Rande eines kleinen grünen Tümpels steht und eben golden verziert ist. Leider
war es zu bedeckt als daß man die goldene Pracht in seiner Gesamtheit hätte erspähen können, dennoch eine der Attraktionen, die man in Kyoto trotz der vielen japanischen Schulklassen gesehen haben sollte. Da anschließend keine Attraktionen mehr geöffnet hatten, ließen wir den Tag hinterm Bahnhof in einem Fließband-Sushi-Laden ausklingen, wobei selbst der feine Herr sich dazu durchringen konnte, ganze sechs Teller des rohen Fisches zu probieren und fünf davon sogar ohne größere Widerwilligkeit zu verköstigen wußte. Als Nachtisch gab es an der Bude nebenan noch ein Grüner Tee-Eis.
Do, 23.09.2010 – Kyoto-Protokoll Teil 2
Wie angekündigt verschlechterte sich das Wetter wieder etwas und man hatte den ganzen Tag über Nieselregen. Daher nahmen wir erneut den Bus und fuhren zum Ryoan-ji Tempel, einer extrem schönen Gartenanlage mit Tempel, welcher einen Zen-Garten aus Steinen im Hinterhof sein Eigen zu nennen
pflegt. Ein paar moosbewachsene Steine stehen dabei auf einem Kiesbett in der Gegend herum und dem Betrachter steht die Interpretation frei. Von dort aus ging es einmal quer durch die Stadt ins Manga-Museum. Hier traf einen gleich beim Betreten der Schlag,
tummelten sich doch schon auf der künstlichen Außengelände-Wiese an die hundert Cos-Player in diversen Manga-Kostümen herum, ließen sich fotografieren und zeigten sich bereitwillig der sabbernden oder staunenden Masse. Das Museum selbst war eigentlich
eher eine riesige Manga-Bibiothek, konnte man doch quer nach Lust und Laune in den Zigtausenden Comics stöbern und lesen, zumindest sofern man des Japanischen mächtig war. Für die nicht so firmen Besucher wie uns gab es eine große Wand, wo die Entstehungsgeschichte beschrieben und der eine oder andere Zeichnungs-Tipp mitgegeben wurde. Weiter ging es auf unserer Reise zum Kiyomizu-dera Tempel im Osten der Stadt, neben dem Goldenen Tempel eine der Hauptattraktionen Kyotos.
Hierbei handelt es sich um einen Tempel, der nur über eine steile und enge Gasse zu erreichen ist, in der neben dem üblichen Touristen-Ramsch auch echtes Handwerk verkauft wird. Oben angekommen, muß man noch zahlreiche Treppen bezwingen, bevor man endlich im hölzernen
Tempel angelangt ist. Das Hauptaugenmerk liegt dabei eher weniger auf dem Tempel an sich, sondern eher auf der dazugehörigen Terrasse, von der aus man über halb Kyoto gucken kann. Auf dem Weg nach unten kommt man noch an einer Stelle mit heiligem Wasser vorbei, bevor wieder zurück den Berg herunter geht. Eigentlich wollten wir als letztes an diesem Tage noch weiter zum Fushimi Ianari Schrein und die berühmten Tori im Süden der Stadt sehen, aber leider wurde
es schon dunkel, weshalb wir alternativ durch den Szene- und Geisha-Stadtteil Gion tigerten. Dies sollte sich als Glücksfall erweisen, kamen wir doch so in den zufälligen Genuß des Yasaka Schreins, welcher an einer Hauptstraße gelegen auch nachts frei
zugänglich und komplett mit allen Gebäuden beleuchtet war. Hierzu zählte auch der Hauptplatz mit seinen ca. 250 Lampions, die ein echt schönes Bild abgaben. Wir setzten unseren Streifzug durch Gion fort und trafen dabei auf echt kuriose Essens-Stände
, von denen man bei längerem Aufenthalt echt von jedem Mal hätte probieren müssen. In den Seitenstraßen der Altstadt trafen wir sogar eine der wenigen noch existierenden Geishas, allerdings verschwand diese auf ihrem kurzen Weg vom Restaurant ins gegenüberliegende Gebäude schnell wieder, gerade auch wegen des Blitzlichtgewitters der sabbernden Touristen um sie herum. Am Hauptbahnhof angekommen suchten wir uns eines der unzähligen Restaurants aus, in dem wir auf Empfehlung einer Arbeitskollegin hin zwei Japanische Pizzen (Okonomiyaki) bestellten,
einmal mit Garnelen und einmal mit gebratenen Nudeln. Serviert bekam man die genannten Zutaten zwischen zwei mit Weißkohl gefüllten Teighälften, garniert mit einer Art Barbecue-Soße und Mayonnaise. Insgesamt eine gewöhnungsbedürftige Angelegenheit, die man mal machen kann, aber nicht noch mal haben muß. Dafür, daß Alph ihren Vertrag laut E-Mail ihres Chefs auf unbestimmte Zeit verlängert bekommen hatte, gab es ein frisch gezapftes Kyoto Machiya Bier („Beer whose mother is the honorable Tradition in Kyoto and whose father is beer boasted of by Germany”), welches im Gegensatz zu den anderen Bieren, die wir auf dem Heimweg zur Feier des Tages besorgten, sogar mundete.
Fr, 24.09.2010 – Frohe Katze
Alph hatte die Nacht über nicht besonders geschlafen und verdiente den Status „krank“. Daher machten wir uns früh auf zum Bahnhof und nahmen dort für weitere vier Stunden Platz im Shinkansen, um die Hauptinsel Honshu zu verlassen und den westlichsten Punkt unserer Reise auf Kyushu zu erreichen: Beppu. Die 130.000-Einwohner-Stadt ist berühmt für seine heißen Quellen, von denen es aufgrund der geographischen Lage natürlich zahlreiche in Japan gibt, aber hier in besonders hoher und imposanter Zahl. Unsere frühere Ankunft um 14:00 Uhr brachte uns letztlich leider nichts, da wir trotzdem erst um 15:00 Uhr abgeholt wurden und bis dahin die heiße Sonne mehr oder weniger genossen. Unser Gastgeber war Bibo, ein Tscheche, der der Liebe wegen mit seiner japanischen Frau nach Beppu gezogen ist, wo er sich nun um die Vermietung der Wohnungen der Familie kümmert. Wir hatten uns in seinem Apartment im Happy Neko eingenistet, wobei selbst das Apartment wieder im Ryokan-Stil eingerichtet war. Dieses lag zum Glück etwas außerhalb vom Stadtzentrum direkt in der Altstadt Kannawa, da die Innenstadt von Beppu eher bieder daherkommt. Zwar gab es eine Toilette,
aber keine Dusche, da es in der Umgebung ja genug Onsen-Bäder gab. Onsen-Bäder sind traditionelle japanische Bäder, die mit heißem Wasser direkt aus der Erde betrieben werden, im Prinzip eine Art türkisches Bad. Diese werden unverhüllt genutzt, sind entsprechend strikt nach
Männlein und Weiblein getrennt und folgen bestimmten Selbstreinigungs- und Benutzungsregeln. Gerade als unwissender Ausländer kann man dabei viel falsch machen, aber mit etwas Glück findet man die eine oder andere Bedienungsanleitung. Außerdem gab
sich Bibo sehr viel Mühe bei unserer Ankunft und erklärte uns die Onsen-Kultur, ebenso weihte er uns in die kulinarischen und kulturellen Geheimtipps der Gegend ein. Von so viel Gastfreundschaft beeindruckt (wir duften sogar den Gäste-Laptop die ganzen drei Tage über behalten), dem super Preis-Leistungs-Verhältnis (3.500 Yen pro Nacht, ca. 30 Euro) und auch aufgrund von Alphs Niedergeschlagenheit verlängerten wir spontan um eine dritte Nacht und strichen stattdessen die anschließende Übernachtung in Hiroshima per erwähntem Laptop. In der Hoffnung auf die heilende Onsen-Wirkung machten wir uns auf in den nahegelegenen Hyotan-Onsen, welcher zunächst einen lauschigen Innenhof mit Theke zu bieten hatte. Für 700 Yen (6,00 EUR) erhielten wir Zutritt zum Onsen-Bad (natürlich jeder für sich) und nutzten diesen für etwas mehr als eine Stunde. Viel länger ging auch gar nicht, da die unterschiedlichen Bäder alle zwischen 40 und 60 Grad Celsius haben und man es schlicht nicht länger aushält, obwohl man theoretisch aber auch genügend Ruhepunkte hat, um sich zwischendrin auszuruhen. Das Abendessen bestand aus Instantnudeln in unserem Apartment, quasi als Ersatz für eine gesundheitsfördernde Gemüsebrühe.
Sa, 25.09.2010 – Welcome to Hell
Die dünnen Bettdecken als Unterlage auf dem Teppichboden bescherten uns leider eine etwas unbequeme Nacht, dennoch taten wir erwartungsvoll den sonnigen Tag an. Nach einem süßen Frühstück aus der Bäckerei um die Ecke begaben wir uns zu Fuß durch die engen und dampfenden Altstadtgassen zur Touristeninfo. Zu unserer Begeisterung entdeckten wir so die angeschlossene Do-it-yourself-Garküche, die wir später für unser Mittagessen nutzen sollten. Da wir uns bereit erklärten, für die wieder einmal überfreundliche und hilfsbereite Info-Dame einen kurzen Fragebogen auszufüllen, erhielten wir als Dankeschön eine Art
kleinen Wandteppich von Beppu geschenkt. Anschließend begaben wir uns auf die Höllentour, für die Beppu neben den Onsen bekannt ist. Dabei handelt es sich um insgesamt acht quer durch die Altstadt verteilte heiße Quellen (Jigoku), aus denen das heiße Wasser an
die Oberfläche steigt und teilweise die bizarrsten Farben annimmt. Der erste war der Shiraike Jigoku, eine Quelle, die viel Dampf und hellblaues Wasser erzeugte. Mit angeschlossen war ein kleines Aquarium mit diversen Fischen darin, allerdings in normalem
Wasser natürlich. Weiter ging es zum Oniyama Jigoku, der Krokodile beherbergte, die wiederum sich direkt ins Quellwasser gleiten ließen und diese Wärme augenscheinlich extrem genossen. Der Kamada Jigoku war für europäische Geschmäcker
unter anderem dank einer überdimensionalen Teufelsfigur mit brodelndem Kochtopf etwas zu kitschig gestaltet. Auch hier gab es türkisblaues Wasser sowie braun-graue, brodelnde Matschpfützen zu bestaunen. Der Yama Jigoku war zunächst einmal mehr eine
Art Zoo mit Elefanten, Nashörnern und Vögeln, die nach heutigen Maßstäben nicht besonders artgerecht gehalten wurden, wie eigentlich überall in Asien. Am Ende des Zoos dann aber die eigentliche Attraktion, eine Steinwand, aus
deren Ritzen es ordentlich dampfte und zischte. Als fünftes stand der Umi Jigoku auf dem Programm, eine azurblaue Quelle umgeben von einem kleinen See voller Seerosen. In der Quelle selbst wurden Eier, Kartoffeln und Maiskolben in einem Körbchen gegart, welche die
Touristen später erwerben und verspeisen konnten. Der sechste und vorerst letzte war der Oniishibouzu Jigoku, in dessen Gelände mehrere Matsch- und Dreckpfützen vor sich hin blubberten. Da die letzten beiden Onsen eine Busfahrt voraussetzten und wir langsam hungrig wurden, trabten wir mit sechs von acht Stempeln zurück zur Touristeninfo, wo wir uns für insgesamt 1.500 Yen (13,00 EUR) tiefgefrorenen Mais, Kartoffeln, Hühnchenschenkel, Kürbis,
Bohnen, Eier und Odango (Dumplings) besorgten, um diese dann für bis zu einer halben Stunde im Dampfofen zu versenken. Nach fünf Minuten waren die Dumplings fertig, kurz darauf die Eier und nach ca. 20 Minuten das Gemüse, das Huhn ließ sich noch einmal zehn
Minuten mehr Zeit. Mit Salz und etwas Soja-Soße ein wohlschmeckendes und absolut fettfreies bzw. gesundes Essen, nur das Huhn schmeckte so ganz ungewürzt ein wenig fad. Nach einer ruckeligen Bustour erreichten wir die Höllen Nr. 7 und 8, wobei wir zunächst den
Tatsumaki Jigoku aufsuchten, einen Geysir. Dieser bricht ziemlich genau alle 36 Minuten aus und spritzt dabei aus einer Art Höhle heraus an die Decke eines Steingewölbes. Zum Abschluß unserer Tour stand der Chinoike Jigoku auf dem Plan, ein knallroter bis
orangefarbener Teich, aus dem die heißen Dämpfe emporstiegen. Da wir auf dem Weg zurück ins Apartment ohnehin durch die Innenstadt mußten, schekelten wir noch ein bißchen durch sie hindurch, aber wie gesagt, lohnenswert ist sie nicht. Von der heißen Sonne und dem vielen Gelatsche ermüdet machten wir uns erneut auf den Weg zum Hyotan Onsen, wo wir am Vortag einen der privaten Onsen vorbestellt hatten. Unter den neun Möglichkeiten
suchten wir uns den nach den Bildern zu urteilen hübschesten aus, den wir dann für 2.000 Yen (18,00 EUR) für eine Stunde für uns privat hatten. Man hatte eine kleine Hütte zum Umziehen und direkt daneben einen Out-Door-Onsen inklusive angeschlossener Dampfsauna
, alles natürlich von einem hohen Zaun umrundet. Draußen war es inzwischen schon dunkel und etwas frisch, entsprechend bot der heiße Onsen eine extrem gute Möglichkeit der Entspannung. Als letzte Amtshandlung des Tages kehrten wir noch auf Bibos Anraten hin in einem kleinen Familienrestaurant gegenüber unserem Apartment ein, um eine regionale Dangojiru-Suppe zu verköstigen. Nicht ganz einfach, wenn beide Seiten sich nicht verstehen, aber solange man weiß, was man bestellen muß, klappt das auch.
So, 26.09.2010 – Nix Aso
Der ursprüngiche Plan am nächsten Morgen sah es vor, zum ca. 70 km von Beppu entfernten Aso-san zu fahren, dem angeblich weltgrößten Vulkankrater. Doch aufgrund anhaltender Schlaf- und/oder Gesundheitsbeschwerden der Protagonisten sowie unmöglicher Fahrpläne strichen wir dieses Unterfangen letztlich von unserem Zettel. Stattdessen machten wir uns auf den Weg in Richtung Monkey Temple, auf halbem Wege in Richtung der Nachbarstadt Oita. Aber auch das änderten wir spontan um in einen Besuch von Oita, was aber wenig attraktiv daher kam und uns so dazu veranlaßte, noch ein bißchen an Beppus Stein-Stränden entlangzuschekeln. Gegen 18:00 Uhr fuhren wir zurück ins unseren Stadtteil Kannawa und suchten dort zunächst zur Abwechslung mal den Oniishi-no-yu Onsen auf, der uns für 500 Yen (4,50 EUR) erneut in die Freuden des heißen Badens eintauchen ließ. Ein
von Bibo empfohlenes Restaurant, das nicht mal auf Bibos Faltplan einen englisch übersetzten Namen hatte, sollte unsere Abendplanung vervollständigen. Hier warfen wir einfach mal das Schlagwort Tonkatsu in den Raum und bekamen daraufhin die
japanische Variante des Wiener Schnitzels serviert, zusammen mit Weißkohl, Reis, Nudeln, einer Suppe und den üblichen sauer eingelegten Gemüsen, dazu gab es eine Art Ketchup-Soße. Um 21:00 Uhr landeten wir wieder auf dem Fußboden, schließlich sollte es am nächsten Morgen wieder zurück in Richtung Osten gehen.
Mo, 27.09.2010 -Hiroshima
Um 07:40 Uhr brachte uns Bibo zum Hauptbahnhof, von wo aus wir um 08:20 Uhr losfuhren. Aufgrund der letzten drei ziemlich unbequemen Nächte hatte sich El Wursto tatschlich ziemliche Rückenschmerzen zugezogen, die die folgenden Tage anhalten sollten und teilweise nur mit Schmerzmittel zu ertragen waren. Um 10:45 Uhr erreichten wir Hiroshima, wo wir ja eigentlich auch eine Nacht geplant hatten, so beschränkten wir uns auf einen vierstündigen Aufenthalt in der Geschichtsträchtigen Partnerstadt Hannovers, die außer dem Friedenspark aber ohnehin nicht viel zu bieten haben soll. Das Areal um die damalige Abwurfstelle ist heute mit unzähligen Denkmälern, dem weltberühmten Stahl- und Betongerippe der damaligen Handelskammer sowie einem Museum gepflastert, das es sich definitiv zu besuchen lohnt. Ein wenig befremdlich
wirken dabei die vermeintlich respektlosen Schülergruppen, die den Park als Spielplatz mißbrauchen, aber letztlich kann man denen ja auch keinen Vorwurf machen und irgendwie ist es vielleicht auch gar nicht schlecht, wenn an genau jenem
Platz die kindliche Freude inzwischen überwiegt. Die meiste Zeit, fast zwei Stunden, verbrachten wir im Museum, das, wie gesagt, auf jeden Fall einen Besuch wert ist. Mit einem gemieteten Headset erfährt man mehr zu den Geschichten der völlig
zerstörten Gegenstände, Bilder und Modelle, die dort ausgestellt sind. Interessant zudem die Tatsache, daß der jeweils amtierende Bürgermeister von Hiroshima nach jedem Atomtest der Erde einen Protestbrief an den jeweiligen Staatschef verschickt und ihn darin
auffordert, die Verbreitung von Atomwaffen zu unterbinden. Extrem beeindruckt verließen wir das Museum und machten uns im strömenden Regen auf in Richtung Bahnhof, um die Fahrt um 14:50 Uhr weiter in Richtung Takamatsu auf der Insel Shikoku anzutreten. Dort kamen wir um 16:30 Uhr an und nahmen uns wegen des anhaltenden Regens ein Taxi zum Kawaroku-Hotel, welches uns erstmals ein Hotel nach westlichem Standard bieten sollte. Takamatsu ist an sich nicht groß als Touristenort bekannt und stellte auch für uns nur so etwas wie eine Zwischenstation dar, dennoch ist es bemerkenswert, daß hier jeder mit dem Fahrrad zu fahren scheint, was im Rest Japans fast nie vorkommt. Es gibt zwei parallel zueinander verlaufende und überwiegend überdachte Shoppingmeilen,
auf denen die Fahrradfahrer Vorrang haben und sich dort auch in Scharen tummeln. In dieser Shoppingmeile sollten wir mit dem Za-Watami auch den besten Zufallstreffer in Sachen kulinarischer Genüsse machen. Es handelte sich um ein Restaurant, das im Stile
von Tapas viele kleine Speisen zu Preisen von ca. 5,00 EUR anbietet, entsprechend probierten wir uns einmal durch die halbe Karte, von Rinderfilet über Pferde-Sashimi bis hin zum rohen Thunfisch in Knoblauchsoße, den Alph spontan zum besten Stück toten Tieres erklärte, welches sie je gegessen hat. Ebenfalls sensationell: die Pflaumensoße.
Di, 28.09.2010 – Lemon Tree
Das Frühstück im Kawaroku überraschte uns positiv, es gab sowohl kontinentales als auch japanisches Frühstück (Fisch, Nudeln). Gut gestärkt checkten wir aus, ließen unsere Koffer allerdings zurück und hetzten nur mit je einem Rucksack bestückt zum Zug in Richtung Imabari bzw. Hashihama im Westen von Shikoku. Dort erreichten wir nach einer weiteren halben Stunde Fußmarsch bei über 25 Grad Celsius im Schatten die Sunrise Fahrradvermietung. Hier erwarben wir zwei Fahrräder, um uns auf eine Fahrradtour über die zahlreichen Brücken der Inlandsee zu machen. Leider gab es nur 26-Zoll-Räder mit 7-Gang-Schaltung, was die steilen Anstiege an den Brücken sowie die weiter gestiegenen Temperaturen auch nicht
einfacher machten. Entschädigt wurde man aber durch extrem schöne Ausblicke über die Inselbuchten und den einen oder anderen Zitrusfrucht-Busch. Um 18:00 Uhr erreichten wir nach fünf Stunden Fahrt die Insel Setoda und somit unser Hostel mit Namen Juicy Fruit,
einem super hübschen Hostel direkt am Meer. Wir waren die einzigen Gäste und dennoch bereitete uns der Gastgeber sogar noch ein heißes Bad mit aufgeschnittenen Zitronen, für die die Gegend bekannt ist. Aufgrund einer nicht auffindbaren Kakerlake wechselten wir noch einmal das Zimmer, aber ansonsten war es ein sehr schönes Hostel.
Mi, 29.09.2010 – Tea Party
Nach einem klasse Frühstück mit Suppe, Früchten und Omelette machten wir uns auf den Rückweg. Da wir keinen Nerv mehr auf die komplette Rückfahrt per Drahtesel hatten, gaben wir das Fahrrad einfach an der Station auf der Nebeninsel ab und nahmen anschließend den Bus zurück nach Imabari. Vorher
genossen wir aber noch bis zur Ankunft des Busses etwas den Ausblick an der Fahrradstation und probierten das örtliche Orangeneis. Zurück in Takamtsu speisten wir in einer extrem leckeren Suppenküche in Bahnhofsnähe und fuhren von da aus weiter mit dem Bus
zum Ritsurin Garten. In Japan gibt es drei offiziell schönste Gärten, der Ritsurin in Takamatsu gilt als der heimliche vierte. In der Tat war dieser großflächig angelegte Garten sehr schön, auch wenn aufgrund der Jahreszeit halt weder Lotos noch Iris,
Magnolien oder Azaleen mehr blühten. Im Kikugetsu-tei-Teehaus des Gartens gönnten wir uns eine Teezeremonie, bei der wir von traditionell gekleideten Damen mit Tee versorgt wurden und uns davon überzeugen konnten, daß die ehemaligen Herrscher von diesem Teehaus
aus definitiv einen entspannten Blick über Pflanzen und Teiche hatten. Als kleines Highlight erhielten wir noch je eine handgemachte Heuschrecke aus Bambus, Bast oder sowas ähnlichem. Zurück im Kawaroku nutzten wir kurz die hoteleigenen Onsen, bevor wir uns noch einmal auf den Weg ins Za-Watami machten, um uns durch die zweite Hälfte der Karte zu probieren.
Do, 30.09.2010 – Back in Tokyo
Wir standen früh auf und schekelten nach dem Frühstück zur nahegelegenen Wasserburg-Ruinen von Takamatsu Castle, einer Burg bzw. einem Burggelände, dessen Burggraben von Meerwasser umspült wird. Leider nieselte es etwas, dennoch war auch diese Burg recht hübsch anzuschauen, auch wenn die eigentliche
Burg gar nicht besichtigt werden konnte. Um 10:00 Uhr betraten wir mit entsprechendem Proviant bewaffnet den Zug, der uns in den nächsten sechs Stunden nach Tokyo zurückbringen sollte. Leider war die lange Herumsitzerei den immer noch anhaltenden Rückenschmerzen des El Wursto alles andere als zuträglich, dennoch schekelten wir noch einmal zusammen über den Ameyoko-Markt, um letzte Besorgungen zu erledigen, bevor es nach ein paar Cocktails im Irish Pub zurück ins bereits bekannte Oak Hotel ging.
Fr, 31.09.2010 - Abschluß
Den letzten Tag unseres Japanaufenthaltes begannen wir mit einem Frühstück im Café und schekelten von da aus ins eher unbekannte Institute of Nature Study, einem Naturkundepark mit angeschlossenem Museum. Eine echte 200.000 Quadratmeter-Oase der Ruhe in Tokyo. Weiter ging es zum Yebisu Garden Place,
einer noblen aber schrecklichen Hochhausanlage, die u.a. das Yebisu Biermuseum der gleichnamigen Biermarke beherbergt, das wir uns kurz ansahen. Anschließend machten wir uns auf in Richtung Tokyoter Fischmarkt Tsukijit,
um in dessen Umgebung noch ein letztes Mal japanisches Sushi zu testen. Die kleinen und wuseligen Gassen mit ihren Fischverkäufern und Sushi-Läden hatten auf jeden Fall einen gewissen Charme. Da wir immer noch etwas Zeit hatten, entschieden wir uns leider zum Besuch des Einkaufszentrums von Roppongi, welches man aber getrost vergessen kann. Für unser letztes Bargeld gönnten wir uns noch ein paar Fertignudeln im Oak Hotel.
Sa, 01.10.2010 - Rückflug
Bereits um 05:00 Uhr am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof Ueno, von wo aus es zielstrebig in Richtung Narita Airport ging. Zum Glück hatten sich sowohl Erkältung als auch Rückenschmerzen bei beiden Protagonisten rechtzeitig am Tag zuvor verabschiedet, so daß Müdigkeit an diesem Tag unser einziges Gebrechen sein sollte. Wieder mit Korean Airlines ging es daraufhin mit zweistündigem Umsteigen in Seoul zurück nach Frankfurt, wo wir abends gegen 18:00 Uhr Ortszeit des gleichen Tages ankamen und froh waren, dieses Mal noch einen Ruhetag zu Hause eingeplant zu haben.
Fazit:
Japan war eine glatte Eins und auch Südkorea hat uns gut gefallen. Selbst für uns, die nicht gerade unerfahren in Sachen Asien sind, war Japan eine besondere Erfahrung, nicht zu vergleichen mit China, Südkorea, Hong Kong oder Philippinen. Wer erstmals nach Asien reist und sich dabei gleich Japan aussucht, wird sicherlich den Kulturschock seines Lebens erfahren.